Der protestantische Glaube hatte sich mittlerweile in großen Teilen des Deutschen Reichs durchgesetzt und innerhalb dieser Glaubensrichtung hatten sich verschiedene Richtungen herausgebildet. Dazu zählten die lutherische Kirche und die reformierte Kirche. 1817 sollten sich diese Kirchen im Ruhrgebiet nach einer Aufforderung vom Preußenkönig Wilhelm III. zu einer Kirche zusammenschließen. Ein Beispiel für einen solchen Zusammenschluss war die Zusammenlegung der beiden Kirchen in Unna im Jahr 1819.
Auf katholischer Seite wiederum kam es wieder zu Neugründungen von Klöstern. In Sonsbeck wurde 1853 wieder ein Franziskanerinnenkloster eröffnet, das sich hauptsächlich karitativen Zwecken widmete. Zum Kloster gehörten neben einer Elementarschule und einer Nähschule auch eine Ambulanz und ein Krankenhaus, in dem ebenso Bedürftige unterkommen konnten. Nach der Säkularisation war der Kulturkampf zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche ein weiteres einschneidendes Ereignis für die Klöster und andere geistliche Bereiche.
Der Auslöser des Kulturkampfs war die Versetzung von tausenden, protestantischen Staatsdienern aus dem Osten des Reiches in die überwiegend katholisch geprägte Rheinprovinz. Durch den Anschluss der Rheinprovinz an Preußen lebten wesentlich mehr Katholiken in Preußen und davon wollte die katholische Kirche profitieren, da sie im Rahmen der Säkularisation viele Besitztümer verloren hatte. Die evangelischen Gläubigen aus dem Osten heirateten allerdings wiederum katholische Frauen, was dazu führte, dass die katholische Kirche geschwächt wurde, da die Kinder nach preußischem Gesetz die Religion des Vaters annehmen mussten, während die katholische Kirche eine Ehe nur anerkannte, wenn die Kinder aus der Ehe eine katholische Erziehung erhielten. Hierbei entstand eine Grundsatzdiskussion darüber, wer in Glaubensfragen die Oberhand hatte. Der preußische Staat wollte seine Souveränität in allen Lebensbereichen bewahren, während die römisch-katholische Kirche sich als höchste Instanz in Glaubensfragen sah. Dies führte dazu, dass Reichskanzler Otto von Bismarck 1870 eine Reihe von Gesetzen auf den Weg brachte, die die Katholiken von der Abhängigkeit der katholischen Kirche lösen sollten und zugleich die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage stellten. Durch die Gesetze fühlten sich die Katholiken jedoch durch den Staat in ihrem freien Glauben beschränkt. Geistliche durften sich nicht mehr politisch äußern, der Religionsunterricht an den Schulen wurde seitdem staatlich beaufsichtigt und erneut wurden die Orden verboten. Aus diesem Grund musste das Kloster in Sonsbeck 1875 geschlossen werden. Darüber hinaus wurde die bis heute existierende Zivilehe eingeführt, die vor dem Staat geschlossen wird.
Letztlich wurden die Gesetzgebungen in 1880er Jahren wieder rückgängig gemacht, da sich die Lage zwischen Kirche und Staat langsam entspannte und Bismarck erkannte, dass er zu hart gegen die Katholiken vorgegangen war, insbesondere weil sich nur wenige Gläubige vom katholischen Glauben abbringen ließen. Durch die Aufhebung der Gesetze konnten die Nonnen aus Sonsbeck 1882 aus dem gewählten Exil in Holland wieder zurückkehren und sich wieder ihren karitativen Tätigkeiten widmen. Sie richteten eine Schule für lernbehinderte Kinder ein. Das Kloster hatte insgesamt 100 Jahre Bestand und zeichnete sich durch die stetige Arbeit mit geistig behinderten Frauen und Mädchen aus.
Politische und wirtschaftliche Entwicklung 1815-1849
Nach dem Ende der französischen Vorherrschaft an Rhein und Ruhr, gelangte das Ruhrgebiet 1815 wieder unter die Regierung Preußens. Beim Wiener Kongress 1814/15 wurde Europa von den Großmächten Frankreich, Großbritannien, Russland, Österreich und Preußen politisch neu geordnet. Die beiden Provinzen Rheinland und Westfalen fielen durch den Beschluss der Wiener Kongressakte dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. zu.
Durch die preußische Regierung wurden die beiden Provinzen bis 1822 in fünf Regierungsbezirke eingeteilt: Düsseldorf, Münster, Köln, Aachen und Arnsberg. Damit wurden sie in die einheitliche preußische Verwaltung integriert.
Zu Beginn der preußischen Herrschaft im Rheinland und in Westfalen war die Region noch sehr ländlich geprägt und die meisten Menschen betrieben Landwirtschaft oder Handwerk. Die Industrialisierung steckte immer noch in der Anfangsphase und die frühen Pioniere der Industrie versuchten, durch neue Techniken im Bergbau und in der Eisenverarbeitung an bereits bestehende englische Standards heranzukommen. England galt bereits als industriell hoch entwickelt und diente den Unternehmern im Ruhrgebiet als Vorbild.
Die alten Stadtzentren am Hellweg, wie Duisburg, Bochum und Essen, waren nur kleine und unbedeutende Ortschaften. Am Niederrhein, der Lippe und an der Emscher existierten kaum größere Ortschaften. Eine der größten Städte um 1815 an Rhein und Lippe stellte Wesel mit fast 10.000 Einwohnern dar. Duisburg, Dortmund und Essen hatten zu dieser Zeit dagegen nur ca. 5.000 Einwohner. Die Besiedlung war eher spärlich und bestand meist aus einzelnen Gehöften und Streusiedlungen. Die Einwohnerzahlen der Ruhrregion bewegten sich insgesamt gesehen noch im Bereich zwischen 250.000 und 300.000 Menschen. Die ersten großen Wachstumsschübe kamen erst um 1840.
Da die Ruhrregion nur über eine geringe Besiedlung verfügte, wurde auf Beschluss des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. die Duisburger Universität 1818 geschlossen. An der Universität schrieben sich nur wenige Studenten ein. Darüber hinaus war sie nur schlecht ausgestattet, sodass viele Studenten und Professoren an andere Universitäten abwanderten. Der komplette Bücherbestand der Universität Duisburg ging an die vom preußischen König neu gegründete Universität in Bonn.
Wegen der geringen Besiedlungsdichte war das Straßennetz der beiden Provinzen schlecht ausgebaut. So gab es relativ wenige Brücken, die über die Ruhr führten. Ähnliche Verhältnisse herrschten an Lippe und Emscher vor. Dort konnten die Menschen meist nur mit Fähren übersetzen oder enge Wasserfurten benutzten . Daher sah der preußische Staat die Notwendigkeit, dass Straßennetz zu verbessern und auszubauen. Überall in der Ruhrregion wurden befestigte und gepflasterte Wege angelegt, die zu einer besseren Infrastruktur führen sollten. Das Straßennetz war wichtig, damit der Transport der abgebauten Kohle und anderer Güter sichergestellt war. Eine der wichtigsten Straßen war die Wittener Kohlenstraße, die von Witten nach Elberfeld führte. Sie wurde in den 1820er Jahren besonders häufig genutzt. Da der Bau der Straßen äußerst teuer war, ging die Fertigstellung nur sehr langsam voran. Teilweise gingen die Kohlehändler sogar dazu über, den Bau der Handelswege durch dafür geschaffene Aktienvereine selbst zu finanzieren.
Weitere Verbesserungen wurden bei der Schifffahrt angestrebt. Der Ruhrorter Hafen wurde auf Bestreben des westfälischen Oberpräsidenten Ludwig von Vincke weiter ausgebaut. Dort entstanden neue Verladeeinrichtungen und Kohlemagazine. Durch den Ausbau wurde zudem die Beschiffung durch größere Frachtschiffe möglich.
Wegen der geringen Besiedlungsdichte war das Straßennetz der beiden Provinzen schlecht ausgebaut. So gab es relativ wenige Brücken, die über die Ruhr führten. Ähnliche Verhältnisse herrschten an Lippe und Emscher vor. Dort konnten die Menschen meist nur mit Fähren übersetzen oder enge Wasserfurten benutzten . Daher sah der preußische Staat die Notwendigkeit, dass Straßennetz zu verbessern und auszubauen. Überall in der Ruhrregion wurden befestigte und gepflasterte Wege angelegt, die zu einer besseren Infrastruktur führen sollten. Das Straßennetz war wichtig, damit der Transport der abgebauten Kohle und anderer Güter sichergestellt war. Eine der wichtigsten Straßen war die Wittener Kohlenstraße, die von Witten nach Elberfeld führte. Sie wurde in den 1820er Jahren besonders häufig genutzt. Da der Bau der Straßen äußerst teuer war, ging die Fertigstellung nur sehr langsam voran. Teilweise gingen die Kohlehändler sogar dazu über, den Bau der Handelswege durch dafür geschaffene Aktienvereine selbst zu finanzieren.
Um 1820 wurde die Lippe bis nach Hamm schiffbar gemacht. Im Jahr 1829 gelang dann die erste durchgehende Fahrt von Wesel nach Lippstadt auf der Lippe. Ludwig von Vincke hatte zahlreiche Reformen im Bereich der Handelsfreiheit, des Schulwesens und der Verwaltung durchgesetzt. Dazu stärkte er die Rechte der Landwirte und unternahm weitere Schritte, um diese von der Gutsherrschaft zu befreien. Bereits in französischer Zeit war dies zum Teil geschehen, aber vollendet war der Prozess noch nicht, da die Bauern immer noch finanzielle Abgaben leisten mussten.
Ein weiterer Schritt, der besonders dem Handel zugute kam, war die Abschaffung der Binnenzölle im Jahr 1818. Dadurch wurde die Marktwirtschaft innerhalb der Provinzen wesentlich vereinfacht.
Die Industrie konnte sich durch die verbesserten Straßen und den Ausbau der Wasserwege zunehmend weiter entwickeln. Ein Beispiel stellte Friedrich Harkort , der "Vater des Ruhrgebiets" genannt, mit seiner Firmengründung dar: Er hatte 1819 in Wetter an der Ruhr die „Mechanische Werkstätte“ gegründet. Für die Firma hatte er englische Facharbeiter angestellt, die ihm wichtige Informationen aus der bereits sehr fortschrittlichen, englischen Industrie vermitteln sollten. In dem Werk wurden Dampfmaschinen für den Bergbau und Textilmaschinen angefertigt. 1826 baute Friedrich Harkort nach englischem Vorbild einen Puddelofen, der Roheisen durch Rühren besser schmiedbar machen sollte. Um seine Mitarbeiter besser schulen zu können, gründete er eine Bergfachschule. Zur Erweiterung des Handels strebte Harkort an, das Eisenbahnnetz zu verbessern, doch damit hatte er bei der preußischen Regierung keinen Erfolg. Neben Harkort gründete Friedrich Dinnendahl 1820 in Essen eine eigene Eisengießerei und in Duisburg-Ruhrort errichteten Jacobi, Huyssen und Haniel 1828 eine Werft, in der Dampfer für den Schiffsverkehr auf dem Rhein gebaut wurden.
In den 1830er Jahren wurde in den Ruhrgebietsstädten eine neue Städteordnung eingeführt, die die restlichen französischen Bestandteile in den einzelnen Kommunen beseitigen sollte. Durch die Städteordnung sollte eine stärkere Trennung zwischen Stadt und Land erreicht werden. Die Städte erhielten Kommunalverfassungen, durch die sie selbstständig wurden. Die ländlicheren Gebiete wurden dagegen in die Städte eingemeindet und in ihrem eigenständigen Handeln eingeschränkt. Die Städteordnung basierte auf einem Zwei-Kammer-System. Eine Kammer bestand aus einer Stadtverordnetenversammlung, die von den Bürgern gewählt wurde. Die andere Kammer war der Magistrat, der wiederum von den Stadtverordneten gewählt wurde. Als Schlichter und vermittelndes Organ wurde die preußische Staatsaufsicht berufen. Als Stadtverordneter konnten die Bürger berufen werden, die entweder einen Grundbesitz im Wert von mindestens 1200 Talern besaßen oder ein jährliches Einkommen von mehr als 300 Talern nachweisen konnten. In einigen Städten konnte deshalb nur schwer eine Stadtverordnetenversammlung gestellt werden, da kaum ein Bürger über das geforderte Einkommen bzw. Vermögen verfügte. Im Zeitraum von 1834 bis 1846 wurde diese Städteordnung in Dortmund, Recklinghausen, Unna, Bochum, Essen und Mülheim an der Ruhr eingeführt.
Nachdem bereits 1818 die Binnenzölle in den Provinzen Westfalen und Rheinland abgeschafft worden waren, wurde 1833/34 der „Deutsche Zollverein“ gegründet. Damit herrschte im kompletten deutschen Bund mit der Ausnahme von Österreich Zollfreiheit. Dieser Schritt begünstigte die zunehmende Industrialisierung maßgeblich.
Trotz solcher Schritte wurde die politische Lage in den deutschen Ländern unruhiger und immer häufiger entwickelten sich Unruhen aufgrund mangelnder persönlicher Freiheiten, die letztlich 1848 in einer gesamtdeutschen Revolution endeten. Im Reich herrschten große ständische Unterschiede. Ein weiterer Faktor, der für Unruhe sorgte, war die harte Pressezensur. Ein Grund für die Unruhen lag in den Karlsbader Beschlüssen, in denen die Meinungsfreiheit und die studentischen Burschenschaften verboten wurden. Die Universitäten wurden verstärkt überwacht und die Presse der staatlichen Zensur unterstellt. Professoren wurden überwacht, um herauszufinden, ob diese liberale oder nationale Denkweisen an ihre Schüler und Studenten vermittelten, was dann zu Berufsverboten führen konnte.
Durch die Beschlüsse von 1830 gingen Studenten, insbesondere die Burschenschaftler auf die Straße und sorgten für Unruhen. Neben den Studenten übten bekannte Persönlichkeiten wie Karl Marx und Heinrich Heine scharfe Kritik an der preußischen Zensur, was Auswirkungen auf ihr literarisches Wirken hatte. Karl Marx wurde wegen seiner Tätigkeit als Redakteur der „Rheinischen Zeitung“ verbannt und das Werk von Heinrich Heine „Deutschland. Ein Wintermärchen“ wurde so stark zensiert, das dieses kaum Leser fand.
Die preußischen Bürger der Oberschicht dieser Zeit passten sich hingegen der strengen staatlichen Überwachung an und bemühten sich nicht aufzufallen. Dieses geordnete und zurückgezogene Leben wird mit dem Kunststil des „Biedermeiers“ gleichgesetzt, der sich sowohl im Wohnbereich als auch bei der Mode durchgesetzt hatte. Dafür charakteristisch waren Sofas aus hellem Holz und Kleider mit Reifrock und Korsett. Die Bilder des Malers Carl Spitzweg stellen dieses Lebensgefühl, wenn auch in leicht überzeichneter Weise, sehr charakteristisch da.
Die ärmeren Schichten hatten unter den schlechten, sozialen Verhältnissen am meisten zu leiden. Die meisten Arbeiter mussten unter katastrophalen Bedingungen arbeiten und erhielten zudem nur einen geringen Lohn. In den meisten Familien war das Einkommen so gering, dass selbst Kinder in den Bergwerken mitarbeiten mussten, um die Versorgung der Familie sicherzustellen. Die Lage verschärfte sich dann zunehmend, als 1846/47 nur schlechte Ernten eingefahren werden konnten und die Lebensmittelpreise in die Höhe schossen. Daraus entstand eine Hungersnot, die zu Krawallen und Plünderungen im gesamten Ruhrgebiet führte. Die Menschen verloren ihre Arbeit und der preußische Staat richtete Suppenküchen ein und gab Brotkarten aus, um zumindest Teile der Bevölkerung ernähren zu können.
Erfolgreiche Unternehmer wie Friedrich Harkort forderten bereits 1844 umfangreiche soziale Reformen. Er verlangte ein Verbot der Kinderarbeit, eine gesetzlich geregelte Krankenversicherung, bessere Wohnungen für die Arbeiterschaft und eine Gewinnbeteiligung an den Unternehmen.
Die Märzrevolution von 1848 erfasste das Ruhrgebiet allerdings nur bedingt. In den deutschen Großstädten brachen dagegen starke Unruhen und Auseinandersetzungen aus. Die Reformer wollten die Gründung eines gesamtdeutschen Staates erreichen und demokratische Reformen durchsetzen. Wenn auch diese großen Ziele letztendlich nicht erreicht werden konnten, so kam es durch die Revolution doch zu einigen Veränderungen. Dazu zählten u. a. die Lockerung der Pressezensur, die Abgabenfreiheit der Bauern an die Feudalherren und die öffentliche Straf- und Geschworenengerichtsbarkeit.
In der Industrie war besonders ein Ereignis von großer Bedeutung: der Durchbruch der Mergeldecke. Die Mergeldecke besteht aus einer sehr dicken Kalk-Tonschicht, die über dem tiefer gelegenen Kohlegebirge unter Tage liegt. Während im Süden die Kohle noch relativ nah unter der Erdoberfläche lag, mussten im Norden die Bergarbeiter durch die Mergeldecke, um an die Kohle zu gelangen. Franz Haniel schaffte 1834 den Durchbruch durch den Mergel und teufte mehrere Schächte ab, um Steinkohle fördern zu können. Der Kohleabbau war insbesondere deshalb schwierig und nur wenig rentabel, weil in größeren Tiefen ständig Wassereinbrüche die Arbeit behinderten und Dampfmaschinen zum Abpumpen der Wassermengen notwendig waren. Doch damit war der Grundstein für die technische Weiterentwicklung gelegt und Haniel hatte bewiesen, dass der Kohleabbau in größeren Tiefen möglich war.
Die erste rentable Steinkohleförderung gelang Mathias Stinnes 1840 mit dem Schacht Beust in Essen. Bessere Techniken und Fördermöglichkeiten wurden entwickelt und der Bergbau legte tiefere Schächte an, damit die Kohleflöze abgebaut werden konnten. Zudem fand beim Bergbau eine Wanderung nach Norden statt. Vom gesteigerten Abbau der Kohle profitierte die Stahlindustrie, da nun das Eisen mit Hilfe der reichhaltigen Fettkohle verhüttet werden konnte. Es entstand die enge Verknüpfung von Kohle und Stahl, die das Ruhrgebiet zur industriellen Hochphase führte.
Im westfälischen Dortmund wurde 1841 das erste Schwerindustrieunternehmen gegründet. Die Herrmannshütte in Dortmund-Hörde härtete unter der Leitung des Unternehmers Dietrich Piepenstock Eisen mit Hilfe des Puddelverfahrens. Das Unternehmen arbeitete eng mit dem örtlichen Bergbau zusammen und richtete für die Beschäftigten eine Betriebskrankenkasse ein.
Durch den zunehmenden Handel wurde die Eisenbahn für den Transport immer wichtiger, sodass in den Hütten Lokomotiven gebaut wurden und das Eisenbahnnetz an Rhein und Ruhr ausgebaut wurde. Die erste Lokomotive wurde 1839 von der Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel und Huyssen fertig gestellt und trug den Namen „Ruhr“. Durch diese Neuerung wurden die bisher üblichen Pferdebahnen abgelöst und die Eisenbahn übernahm in den 1840er Jahren das Güter- und Personentransportwesen. Überall im Ruhrgebiet wurden Bahnhöfe gebaut und Bahngleise verlegt. Die Köln-Mindener Eisenbahn bediente ab 1847 mit ihrer Streckenführung die Städte Duisburg, Oberhausen, Essen, Gelsenkirchen, Herne und Dortmund. Ebenso wurde die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft (1843) und die Rheinische Eisenbahn (1835) gegründet.
Durch das stetige Wachstum der Industrie, konnte der Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr aus der näheren Umgebung abgedeckt werden. Zuwanderung von Arbeitskräften aus anderen Regionen bedingten jedoch neuen Wohnraum. Die Hüttengesellschaften begannen, die ersten Arbeitersiedlungen anzulegen. Ein Vorreiter in dieser Entwicklung stellte dabei die Werkssiedlung in Oberhausen-Eisenheim dar, die 1846 errichtet wurde. Dort wurden zunächst 20 Häuser für die Meister und Arbeiter der Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel und Huyssen errichtet. Der Vorteil für die Arbeiter lag in der geringeren Miete und der Nähe zum Arbeitsplatz im Vergleich zu anderen Wohnmöglichkeiten in der Umgebung. Für die Unternehmer stellten sie eine engere Bindung ihrer Arbeitskräfte an das Unternehmen dar, was allerdings auch eine weitere Abhängigkeit der Arbeiter vom Unternehmen bedeutete.
Politische und wirtschaftliche Entwicklung 1850-1890
Ab 1850 setzte im ganzen Ruhrgebiet der Aufstieg der Ruhrgebietsorte von eher kleinen Dörfern zu großen Industriestädten ein. Neben den bereits bestehenden Betrieben wurden zahlreiche neue Betriebe gegründet. So auch das Walzwerk Thyssen & Co. in Styrum bei Mülheim an der Ruhr im Jahr 1870, aus dem sich in den folgenden Jahrzehnten einer der größten integrierten europäischen Montankonzerne bilden wird. August Thyssen betrat damit die Industriebühne des Ruhrgebiets. Er hat die Industrie und damit die Entwicklung des Ruhrgebiets entscheidend mitgeprägt.
Der Industrieaufschwung sorgte durch Zuwanderung von Arbeitern für ein explosionsartiges Bevölkerungswachstum in eher kleinen Orten wie z. B. Oberhausen und Gelsenkirchen. Durch das Industriewachstum wuchs die Anzahl der benutzten Dampfmaschinen im Zeitraum von 1850 bis 1870 von 651 Stück auf 11.700 Stück. Die Roheisenproduktion hatte 1870 eine Auslastung von 360.000 Tonnen pro Jahr. Zwanzig Jahre zuvor stellten die Hütten im Ruhrgebiet gerade mal 7.100 Tonnen Roheisen her. Im gesamten Ruhrgebiet wurden zahlreiche, neue Schächte abgeteuft und Kapitalanleger aus dem Ausland wie der Ire Mulvany investierten in die zukunftsträchtigen Unternehmen. Die wachsende Wirtschaft lockte zahlreiche Menschen aus dem Rest Preußens und Polen an, weil die Chancen hier Arbeit zu finden sehr gut waren. Durch die stetige Einwanderung hatten die Städte bald das 6- bis 7-fache ihrer ursprünglichen Einwohnerzahl erreicht. Dies machte im ganzen Ruhrgebiet langsam den Wohnraum knapp und die Menschen lebten immer beengter nebeneinander. Die meisten Unterkünfte waren sehr primitiv und boten in der Regel nur eine Gelegenheit zum Schlafen, die der Arbeiter sich teilweise mit anderen teilen musste.
Insbesondere in den 1850er Jahren wurden viele neue Firmen gegründet und die bereits bestehenden Unternehmen erweiterten sich in großem Maße. Einige Beispiele stellten die Heinrichshütte Hattingen (1854), die Gußstahlfabrik Berger & Co. in Witten (1853) und die Hüttenbetriebe Phoenix in Essen (1854) dar. Die Unternehmen von Krupp, Haniel und Mayer bauten ihre Betriebe immer mehr aus und die Mitarbeiterzahl stieg stetig an. Schachtanlagen und Hüttenbetriebe wurden sehr nah beieinander gebaut, um die Transportwege der Kohle zu den Eisenhütten zu verkürzen. Daraus entstanden große Betriebe, die mehrere Arbeitsschritte miteinander vereinten und dadurch eine schnellere, wirtschaftliche Expansion möglich machten. Die Unternehmen betrieben zum Teil eigene Schifffahrtsgesellschaften, die die Produkte aus den Hütten und Bergwerken weiter transportierten.
Die Neugründungen wurden durch neue preußische Gesetze nach Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 vereinfacht, da die einzelnen deutschen Staaten mit Ausnahme von Österreich sich zusammengeschlossen hatten und nun einen deutschen Nationalstaat unter preußischer Vorherrschaft bildeten. Der Staat zog sich aus den Unternehmen zurück und überließ die Leitung komplett den Betreibern der Bergwerke und Hütten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine gemeinsame Reichswährung eingeführt. Darüber hinaus wurden im Justizwesen, im Schulwesen und bei der Post einheitliche Standards gesetzt, die zusätzlich für eine verbesserte, wirtschaftliche Entwicklung sorgten.
Zunehmend entstanden Aktiengesellschaften in der Ruhrregion, die von Kapitalgebern unterstützt wurden und in die sich der Staat aufgrund freierer Marktwirtschaft nicht einmischen konnte. Der wirtschaftliche Aufschwung im 19. Jahrhundert wurde allerdings durch eine internationale Wirtschaftskrise im Jahr 1857 leicht zurückgeworfen, in der viele Zechen gezwungen waren zu schließen. Trotz dieser Krise war die Arbeitskräfteeinwanderung aus dem Osten ungebrochen.
Die Gründerkrise 1873 hatte erheblichere Ausmaße, da diese im Ruhrgebiet zu großer Arbeitslosigkeit und Hungersnöten führte. Der Markt in Europa und den USA litt unter Zahlungsschwierigkeiten und zahlreichen Firmenzusammenbrüchen, sodass die Aktienkurse einbrachen. Diese Entwicklung wirkte sich durch Massenentlassungen und Lohnkürzungen auf das Ruhrgebiet aus. Viele Familien lebten in dieser Zeit am Rande des Existenzminimums und waren kaum in der Lage sich richtig zu ernähren. Die Krise blieb bis 1879 spürbar. Danach erlebte das Ruhrgebiet eine neue Hochkonjunktur und wiederum bekam die Wirtschaft einen Aufschwung in Form neuer Gewerbeformen und der Verdopplung der Kohleförderung. Daher konnten wieder mehr Arbeiter eingestellt werden.
Zahlreiche, sozialpolitische Entwicklungen wurden dadurch in Gang gebracht. Die Wohnungsnot war allgegenwärtig. Der Wohnungsmangel führte wiederum zur Verteuerung von Miete und Grundstückspreisen. Immer neue Wohnsiedlungen entstanden in der Nähe der Zechen und Hütten. Deren Häuser waren nur mit dem Notwendigsten ausgestattet.
Alfred Krupp ließ in der Nähe seiner Gußstahlfabrik in Essen die Wohnkolonie Kronenberg errichten. Durch Alfred Krupp wurde das Wachstum des Krupp-Imperium entschieden vorangetrieben und der Konzern wuchs in rasanten Tempo. 1871 wurden zunächst 336 Wohnungen gebaut. Bis 1874 erhöhte sich die Anzahl der Wohnungen auf über 3200. Die Wohnungen waren unterschiedlich groß und hatten bis zu vier Zimmer zur Verfügung. Für eine Vier-Zimmer-Wohnung musste der Mieter beispielsweise zwischen 175 bis 215 Mark im Jahr bezahlen. Der Durchschnittslohn für einen Arbeiter lag im Jahre 1896 bei ca. 4 Mark pro Schicht. Der Preis einer Wohnung hing von der Zimmeranzahl und der Ausstattung des Wohnraumes ab. Die Siedlungen hatten meist einen dörflichen Charakter: Neben der Straßenbeleuchtung wurden zentrale Plätze, Sportanlagen und Versammlungsräume geschaffen. Konsumanstalten, Läden, in denen die Arbeiter die Produkte für den täglichen Gebrauch erwerben konnten, waren fast in jeder Siedlung zu finden. Zudem besaß jede Wohnung einen eigenen Wasseranschluss. Doch wenn der Arbeiter in diesen Siedlungen lebte, musste dieser sich auch den Regeln des Unternehmers unterwerfen. Besonders Alfred Krupp ließ seine Arbeiter streng überwachen und duldete keinerlei Ausschweifungen. Er untersagte seinen Arbeitern insbesondere die Angehörigkeit in einer Gewerkschaft. Seiner Ansicht nach sollten sich die Arbeiter ausschließlich auf die Arbeit in seinem Unternehmen konzentrieren.
Auch dem preußischen Staat erschien eine soziale Absicherung der Einwohner Preußens notwendig. Wie die Unternehmer reagierte der Staat auf die sozialen Bedürfnisse der Bürger Preußens.Unter Reichskanzler Otto von Bismarck wurden zwischen 1883 und 1891 Gesetze erlassen, die der Absicherung der Arbeitnehmer dienten, wie Krankenversicherung, Unfallversicherung, Invaliden- und Altersversicherung und Versorgung durch den Arbeitgeber bei plötzlicher Arbeitsunfähigkeit.
Dass eine Verbesserung der Lebensbedingungen durchaus nötig war, zeigte der große Bergarbeiterstreik 1889. Im Ruhrgebiet streikten fast zwei Drittel der Bergleute, um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Die Zustände im Bergbau hatten sich zunehmend verschlechtert und daher forderten die Bergarbeiter neben einer Lohnerhöhung von 15% die Einführung eines Acht-Stunden-Tag inklusive Ein- und Ausfuhr aus dem Schacht. Außerdem sollten die Zwangsüberschichten abgeschafft werden. Ein weiteres Ärgernis stellten die höhergestellten Bergbeamten dar, die bei der geringsten Kleinigkeit Entlassungen vornahmen und ungenügend befüllte Kohlewagen „nullen“ ließen. Das bedeutete für den zuständigen Bergarbeiter einen großen Lohnabzug. Die Forderungen wurden von den Bergwerksunternehmern allerdings nicht akzeptiert und daher traten insgesamt 90.000 Bergleute in den Streik. Der Streik konnte durch das Eingreifen von Kaiser Wilhelm II. beigelegt werden, der in Berlin eine Bergarbeiterdelegation empfing.
Die industriellen Entwicklungen schritten immer weiter fort und die Unternehmen entwickelten neue Verfahren zur Stahlherstellung. So wurde 1862 das Bessemer-Verfahren als neues Stahlkochverfahren eingeführt. Diese wurden dann kurz darauf vom „Siemens-Martin-Verfahren“ abgelöst. Den größten Erfolg hatte allerdings das sogenannte „Thomasverfahren“. 1884 wurde es schon für die Hälfte des im Ruhrgebiet erzeugten Stahl verwendet.
Andere Neuerungen dieser industriellen Hochphase war 1881 die Einführung der ersten Pferdestraßenbahnen in Dortmund oder die erste Verlegung einer Telefonleitung 1878 zwischen Buer und Westerholt. Das Telefonnetz breitete sich rasch aus und bereits 1890 richtete man die ersten privaten Telefonanschlüsse ein. Unter Tage benutzten Bergarbeiter elektrische Grubenleuchten und viele Zechen bekamen eigene Bahnhöfe im immer größer werdenden Schienennetz. Eine revolutionäre Erfindung machten Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler mit der Entwicklung des Benzinmotors. Damit war der Weg geebnet für den Bau der ersten Automobile. Darüber hinaus bekamen immer mehr Häuser einen Anschluss für elektrischen Strom und die bereits sehr fortschrittlichen Pferdestraßenbahnen wurden schließlich durch elektrisch betriebene Wagen abgelöst.
Die Gründung neuer Zechenanlagen verlagerte sich nach Norden. Während vormals Zechen im Süden des Ruhrlandes angelegt wurden, gingen die Unternehmer nun weiter in Richtung Emscher vor, um dort weitere Kohlevorkommen abzubauen. Von dieser Nordbewegung profitierten insbesondere Oberhausen und Gelsenkirchen. Während die meisten anderen Städte der Umgebung wie Essen, Duisburg und Dortmund bereits eine jahrhundertelange Geschichte besaßen, die bis ins Mittelalter zurückreichte, wuchsen insbesondere Oberhausen und Gelsenkirchen erst durch den Bergbau und die Eisenverhüttung zu Industriestädten heran und bekamen aufgrund dessen das Stadtrecht 1874 bzw. 1875 verliehen. Besonders die Gründung der Gutehoffnungshütte 1873 in Oberhausen als Rechtsnachfolger der JHH war für die Entwicklung von Oberhausen von Bedeutung. Oberhausen war vorher Gemeinde und hatte durch das Stadtrecht einen Sitz und eine Stimme im Provinziallandtag. Damit konnte Oberhausen bei politischen Entscheidungen auf Landesebene Einfluss nehmen. In der ganzen Stadt wurden zu dieser Zeit öffentliche Einrichtungen errichtet. Dabei waren besonders das Rathaus als Verwaltungssitz und der Bau öffentlicher Schulen von besonderer Bedeutung. Zuvor war die Region zwischen Emscher und Hellweg nur wenig besiedelt, doch durch den Bergbau setzte dort ein starkes Wachstum ein.
Die Eisen- und weiterverarbeitende Stahlindustrie siedelte sich insbesondere in Duisburg, Dortmund, Gelsenkirchen und Hagen an. Die Unternehmen suchten sich Standorte, die verkehrsgünstig gelegen waren und daraus entstanden im näheren Umfeld Großstädte mit einer ständig anwachsenden Bevölkerung und einer zunehmend verbesserten Infrastruktur. Die meisten Zechen wurden eher nach dem vorhandenen Kohlevorkommen und den Abbaumöglichkeiten angelegt. Die Zechen lagen in eher dünnbesiedelten ländlichen Gebieten.
Die „Wilhelminische Zeit“ 1888-1918
Das deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. geriet zunehmend in Konflikt mit anderen europäischen Großmächten und Europa sah sich durch sein Verhalten provoziert. Er wollte das Deutsche Reich zu einer Weltmacht erheben. Besonders gelegen kam ihm die Amtsniederlegung des Reichskanzlers Otto von Bismarck mit dem er häufig nicht einer Meinung war. Durch die in seinem Namen veranlasste Politik, machte sich das deutsche Kaiserreich insbesondere Frankreich, England und Russland zum Feind.
Durch die angestrebte Aufrüstung der deutschen Seeflotte erlebte besonders die Industrie einen weiteren Aufschwung, da diese viele Aufträge vom preußischen Staat erhielt. Das Ziel des Kaisers war eine starke Kriegsflotte, die deutsche Handelsflotte schützten und gegen andere Flotten, wie z.B. die englische Flotte, bestehen konnte.
Das große Ruhrgebietsunternehmen von Krupp stellte seit Beginn der verstärkten Rüstungspolitik jährlich 20.000 Tonnen Panzerplatten, 30.000 Tonnen Schiffsbleche und zudem Geschosse in einer Menge von 10.000 Tonnen her. Diese Entwicklung führte dazu, dass alleine Krupp 74.000 Beschäftigte hatte. Neben Krupp profitierten auch andere Stahlunternehmen und Zulieferer vom Rüstungsgeschäft, sodass das Ruhrgebiet bald als „Waffenschmiede des Reiches“ bezeichnet wurde.
Die Kohleförderung erreichte in dieser Zeit eine ebenso rasante Steigerung: Im Jahr 1880 wurden jährlich noch 22,5 Millionen Tonnen gefördert. Zwanzig Jahre später war die Fördermenge bereits auf 60 Millionen Tonnen angestiegen.
Dadurch entwickelte sich ein noch größerer Arbeiterzustrom aus dem Osten und der Bergbau wanderte weiter in nördlichere Gebiete an der Emscher, an der Lippe und am Niederrhein. In diesen Gebieten setzte sich das Bild der typischen Industriestädte allerdings nur mäßig durch und die Umgebung behielt meist ihren eher ländlichen Charakter. Die Industrie spielte hier keine große Rolle im Leben der Menschen und daher war der Einfluss der bestehenden Zechen auf das landwirtschaftlich geprägte Umland er gering. Trotzdem waren die Zechen an Emscher und Lippe sehr viel größer und besaßen tiefere Schächte, sodass wesentlich mehr Kohle abgebaut wurde als in den kleineren Zechen an der Ruhr und deren Umgebung. Die vormals eher kleinen Zechenbetriebe beschäftigten nun bis zu 1000 Mitarbeiter und immer wieder wurden neue Schächte abgeteuft. Das führte dazu, dass viele kleine Zechen stillgelegt werden mussten, als die großen Zechen sich 1893 zum Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikat zusammen schlossen und den Markt durch Abbaumengen und Preise bestimmten. Während die Bergwerke eine Nordwanderung vollzogen hatten, blieb die Stahlindustrie an ihren vorherigen Standorten in der Nähe der Ruhr und dem Hellweg.
Durch den vermehrten und tieferen Kohleabbau häuften sich die Unglücke unter Tage. Besonders häufig waren Schlagwetterexplosionen bei denen zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Ein sehr verheerendes Grubenunglück geschah 1908 auf der Zeche Radbod in Hamm. Durch eine Schlagwetterexplosion starben 348 Menschen. Die Ursache der Katastrophe war vermutlich eine defekte Benzinlampe, die hochentzündliche Grubengase zur Explosion brachte. Daraufhin durften in den Zechen nur noch elektrische Lampen eingesetzt werden, um die Sicherheit der Bergarbeiter zu erhöhen.
Innerhalb von 40 Jahren, zwischen 1870 und 1910, verzeichnete das Ruhrgebiet einen Bevölkerungsanstieg von 900.000 auf 2,3 Millionen Bewohner, die alle von der boomenden Ruhrgebietsindustrie angezogen worden waren. Durch das große Wachstum musste die Infrastruktur des Ruhrgebiets verbessert werden. Die Bahnhöfe im Ruhrgebiet waren mittlerweile zu klein geworden und in Randgebieten entstanden Rangierbahnhöfe, die den Verkehr besser bewältigen konnten und bereits bestehende Bahnhöfe entlasten sollten. Bis 1900 waren bereits 6000 km Eisenbahnlinie verlegt worden. Neben den Bahnhöfen wurde der Bau von Schiffskanälen wie dem Dortmund-Ems-Kanal und dem dazugehörigen Schiffshebewerk Henrichenburg (Eröffnung: 1899) vorangetrieben, um weitere Transportwege zu schaffen.
Neben der Kohle- und Stahlindustrie fassten auch langsam andere Wirtschaftszweige Fuß im Ruhrgebiet. Durch den Bevölkerungsanstieg wurde die Konsumindustrie immer wichtiger. In den Innenstädten von Dortmund und Recklinghausen eröffnen große Kaufhäuser wie z.B. Klöckner, die den Bürger mit den nötigsten Produkten versorgten. Zu den Handelsgütern zählten Haushaltswaren, Textilien, Herde und Lebensmittel.
In der "wilhelminischen" Epoche gehörte zudem die private, aktive Freizeitgestaltung immer mehr zum Alltag und daher entstanden zahlreiche kulturelle Angebote. In den Städten wurden Kinos, Theater, Konzertsäle und Museen eröffnet. Das heutige „Grillotheater“ ist dafür ein Beispiel. Durch die vielen, neuen Bewohner waren zudem neue Kirchen für die evangelischen und katholischen Christen, wie auch Synagogen für die jüdischen Bewohner des Ruhrgebiets gebaut. Sehr prägend für den Charakter des Ruhrgebiets war die Gründung von Sportvereinen und Fußballklubs (z.B. Schalke 04, Borussia Dortmund und Rot-Weiß Essen).
Die politische Entwicklung sah aufgrund des anhaltenden Alleingangs des Deutschen Kaiserreich eher düster aus. Kaiser Wilhelm stieß sowohl innerhalb des Deutschen Reiches immer mehr auf Widerstand wie auch bei den europäischen Großmächten. Während das deutsche Bürgertum, die Offiziere und die Unternehmer zufrieden mit dem Kaiser und dessen Politik waren, geriet die Arbeiterschaft zunehmend in Aufruhr über die unklare Politik des Kaisers. Mit den sozialpolitischen Maßnahmen waren die Arbeiter in keiner Weise zufrieden und dasselbe galt für die dreijährige Wehrpflicht, die bei den Soldaten aus dem Ruhrgebiet zum Ärgernis wurde. Die Haltung gegenüber den anderen Ländern in Europa war einer der Faktoren, die letztlich 1914 zum Ersten Weltkrieg führten. Die europäischen Mächte waren am Ende ihrer diplomatischen Kräfte und wollten nun mit einem Krieg die Ordnung wieder herstellen.